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Wie reagieren Taiwan und China auf den Mordanschlag auf Shinzo Abe?

Fiel einem Mordanschlag zum Opfer: Japans langjähriger, liberal-konservativer Premier Shinzo Abe

Der frühere Premierminister Japans, Shinzo Abe, wurde am Morgen des 8. Juli 2022 in Nara in der Nähe Tokios auf einer Wahlkundgebung schwer angeschossen und verstarb einige Stunden später im Krankenhaus. Weltweit ist das Entsetzen groß. Keiner war länger in diesem Amt als der 57. Premier, entsprechend bekannt war er international.

In Deutschland, Taiwan und in China wurde er jeweils sehr unterschiedlich wahrgenommen. 

Er hat Taiwan offen unterstützt und sich gegen Chinas Griff nach japanischen Inseln gestellt, Japans pazifistische Militärdoktrin neu interpretiert, und ist als Kritiker Chinas aufgetreten, ohne dass dies den wirtschaftlichen Beziehungen langfristig geschadet hätte. Japan hat nach wie vor die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, ist innovativ und die Menschen leben dort lange und gesund.

Japan und Shinzo Abe in deutschen Medien

In den deutschen Medien jedoch kommt Japan „gefühlt“ seit Jahren eher schlecht weg. Deutsche Journalisten scheinen sich eher für vermeintlich negative Nachrichten aus dem Lande zu interessieren. Auch an Abe wurde selten ein gutes Haar gelassen, obwohl er für politische Stabilität in seinem Land sorgte und mit den Abenomics der Wirtschaftspolitik seinen Namen gab. Woran könnte das liegen? Hierzu einige Thesen. Der japanische Premier Abe war  …

  • Befürworter der Kernkraft trotz Fukushima
  • für eine starke Deregulierung der Wirtschaft
  • patriotisch und nationalistisch, jedoch meistens pragmatisch
  • Befürworter eines starken Militärs
  • vor allem aber: nicht nur gegen Masseneinwanderung, sondern gegen Einwanderung per se  

… und somit ganz anders als Japan aus Sicht der deutschen Mainstream-Medien sein sollte. Ein Land, das für Atomkraft ist und keine Einwanderung zulässt, muss einfach scheitern (was es offenbar nicht tut, zur Frustration der Edelfedern).

Wie aber sehen Taiwan und China auf den Anschlag auf Abe und seine Politik? Insbesondere die Kondolenzerklärung des taiwanischen Außenministeriums rückt Abe in ein so ganz anderes Licht als dies deutsche Medien jahrelang taten. Nachfolgend unkommentiert aus den jeweiligen Außenämtern:

Freund Taiwans und China-Kritiker

Das Außenamt Taiwans nimmt zum Mordanschlag auf Abe Stellung, würdigt seine Taiwan-Politik, sowie insgesamt sein Eintreten für Demokratie. Im Wortlaut heißt es:

Former Prime Minister Abe was an internationally acclaimed political leader. He was widely admired for his lifelong dedication to defending the ideals of freedom and democracy and resisting authoritarian expansion. On numerous occasions at international events, former Prime Minister Abe spoke up for Taiwan, urging the international community to support Taiwan and jointly protect democratic values. Former Prime Minister Abe was an invaluable democratic ally and a staunch friend of Taiwan. During his time as Prime Minister, he was committed to promoting friendly ties between Taiwan and Japan. He continued to spare no effort to voice support for Taiwan after he stepped down. For example, at a forum in December 2021, he supported Taiwan by saying, “A Taiwan emergency is an emergency for Japan and also for the Japan-US alliance.” This year, he called on all sides to move away from strategic ambiguity and make it clear that they would defend Taiwan, following the outbreak of the Russia-Ukraine war. The tragic death of former Prime Minister Abe is an immense loss to Japan, Taiwan, and the global community of democracies. The government of Taiwan is eternally grateful to former Prime Minister Abe for his efforts and contributions in advancing Taiwan-Japan relations.

Zhao Lijian, Außenamtssprecher Chinas, auf Fragen zum Attentat auf Abe:

Auf der regulären Pressekonferenz des chinesischen Außenamtssprechers Zhao Lilian stellten u.a. Agenturen Fragen zu Chinas Reaktion auf den Anschlag. Offenbar wurde im Laufe der Pressekonferenz bekannt, dass Shinzo Abe seinen schweren Verletzungen erlag. Folgende Auszüge aus der Pressekonferenz sind unverändert übernommen.

AFP: Former Japanese Prime Minister Shinzo Abe is in grave condition after being shot this morning. Will China send condolences to Mr. Shinzo Abe’s family?

Einer von mehreren Außenamtssprechern, die regelmäßig Chinas Sicht auf die Welt erklären.

Zhao Lijian: We’ve taken note of this unexpected incident and are shocked. We are following the updates and hope that former Prime Minister Shinzo Abe will be out of danger and recover soon. We would like to extend sympathies to his family.

Reuters: This is also about the shooting of former Japanese Prime Minister Abe. Some Chinese netizens commented that he has mishandled Japan’s relations with China. How do you comment about this?

Zhao Lijian: I am not going to comment on the remarks posted online. I’ve just stated the position of the Chinese government. This unexpected incident should not be linked to China-Japan relations.

Kyodo News: Do you have any comment on Shinzo Abe’s policy toward China when he was Japan’s prime minister?

Zhao Lijian: Just now, I made clear China’s position on what happened to former Prime Minister Shinzo Abe. We also noted that former Prime Minister Abe made contribution to the improvement and growth of China-Japan relations.

According to reports, former Prime Minister of Japan Shinzo Abe died from severe injuries after being shot. Do you have any comment?

Zhao Lijian: We are shocked by the unexpected incident. Former Prime Minister Shinzo Abe had contributed to the improvement and growth of China-Japan relations. We express condolences and sympathies to the family of Former Prime Minister Shinzo Abe.

 

 

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